Lutherische Kirche - wer sind wir?

Lutherische Kirchen sind solche evangelischen Kirchen, die in der Tradition der Wittenberger Reformation Martin Luthers im Jahr 1517 stehen. Sie verstehen sich als Teil der einen Kirche Jesu Christi, die aus dem Glauben an seine und aus der Verkündigung von seiner Auferstehung entstanden ist. Sie teilt mit fast allen anderen Christen den Glauben der frühen Christenheit, der im Apostolischen und Nicänischen Glaubensbekenntnis festgehalten ist.

Bild unseres Altar mit Kreuz, Bibel, Kerzen, Blumen und Abendmahlsgeschirr.

Schriften

Die wichtigste der Schriften, auf die sich lutherische Kirchen beziehen, ist die Bibel als die Heilige Schrift. Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, die im „Konkordienbuch“ von 1580 enthalten sind, legen die Bibel maßgeblich aus. Viele Kirchenordnungen lutherischer Kirchen heben aus diesen Bekenntnisschriften besonders das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana, CA) von 1530 sowie den Kleinen Katechismus Martin Luthers von 1529 hervor. In den lutherischen Kirchen werden sowohl die Heilige Schrift als auch die Bekenntnisschriften von ihrer Mitte, Jesus Christus, her verstanden und ausgelegt.

Selbstverständnis

Das Selbstverständnis lutherischer Kirchen ist in Artikel 7 des Augsburger Bekenntnisses festgehalten. Kirche ist danach „die Versammlung aller Gläubigen, bei welchen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente gemäß dem Evangelium gereicht werden“. Kirche ist also dort, wo der Heilige Geist durch das Evangelium und die Sakramente (Taufe und Abendmahl) Glaube geweckt hat und weiterhin erweckt. Darum ist die Kernaufgabe der Kirche die Verkündigung des Evangeliums in der Feier des Gottesdienstes.


Evangelium

Das Evangelium ist insbesondere die Rechtfertigung des Sünders allein aus Glauben um Christi willen, wie sie sich Martin Luther im Studium der Heiligen Schrift, besonders des Römerbriefes, als Herzstück der Schrift erschlossen hat.

Die besondere Bedeutung von Wortverkündigung und Sakramentsfeier verlangt es, dass der Umgang mit diesen Heilsmitteln geordnet werden muss. Die lutherische Kirche kennt hierfür die Unterscheidung zwischen dem Allgemeinen Priestertum, das durch die Taufe verliehen wird, und dem besonderen kirchlichen Amt, das durch Ordination verliehen wird. Als Inhaber/-in des allgemeinen Priestertums ist jeder und jede Getaufte berufen und beauftragt, das Evangelium weiterzusagen. Die öffentliche Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung ist aber den Inhaberinnen und Inhabern des besonderen kirchlichen Amtes vorbehalten.

Kirchenverständnis

Das dynamische Kirchenverständnis der lutherischen Kirche bringt es mit sich, dass es innerhalb der lutherischen Kirchen keine allgemein verbindliche Organisationsstruktur gibt. Vielmehr hat sich die Organisation am Auftrag der öffentlichen Verkündigung auszurichten. In der Regel sind lutherische Kirchen heute bischöflich und synodal verfasst. Leitende Geistliche sind zumeist Bischöfinnen oder Bischöfe. Gesetzgebende Organe sind Synoden ("Kirchenparlamente"). Daneben kann es weitere kirchenleitende Gremien geben. Wichtige Beschlüsse, vor allem, wenn sie die Lehre betreffen, sind in lutherischen Kirchen in „großer Übereinstimmung“ (latein: magnus consensus) der kirchenleitenden Gremien zu fassen.


Entstehung der lutherischen Kirche

Als Geburtsstunde der lutherischen Kirchen wird in der Regel der Reformationstag (31. Oktober 1517: Anschlag der 95 Thesen) angesehen. An diesem Tag sind Grundsätze lutherischer Lehre öffentlich gemacht und zur Diskussion gestellt worden. Die Ausbildung eines institutionell verfassten lutherischen Kirchenwesens ist jedoch ein längerer Prozess gewesen. Wichtige Daten auf dem Weg zu einem lutherischen Kirchenwesen sind die Vorlage des Augsburger Bekenntnisses auf dem Reichstag zu Augsburg (1530), weil sich hier sowohl Theologen als auch Landesfürsten auf eine gemeinsame Formulierung lutherischer Lehre verständigen konnten, und der Augsburger Religionsfriede von 1555, der den lutherischen Kirchen die Anerkennung als legitime Formen der Religionsausübung gebracht hat.

Doch sind die lutherischen Kirchen fast von Anfang an kein deutsches Phänomen geblieben: Schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bildeten sich lutherische Kirchen in anderen Ländern Europas, vor allem Nordeuropas (1527 Schweden; 1536 Dänemark, Norwegen und Island) und Osteuropas (Baltikum Mitte des 16. Jahrhunderts).

Lutherische Kirchen sind inzwischen auf der ganzen Welt verbreitet. Sie sind größtenteils in zwei Gemeinschaften vereinigt: dem Lutherischen Weltbund (LWB, engl.: LWF) mit 141 Mitgliedkirchen und ca. 66 Millionen Gemeindegliedern sowie dem Internationalen Lutherischen Rat (International Lutheran Council, ILC) mit 29 Mitgliedskirchen und ca. 3,5 Millionen Gemeindegliedern. Daneben besteht noch die Evangelisch-Lutherische Bekenntniskonferenz (CELC) mit 16 Mitgliedskirchen und ca. 1 Million Gemeindegliedern.

 

Die meisten Lutherischen Kirchen befinden sich in Europa, wo knapp 39 Millionen lutherische Christen leben. Die größte lutherische Kirche der Welt ist die Vereinigte Evangelisch-Lutherisch Kirche Deutschlands (VELKD) mit ca. 10,5 Millionen Gemeindegliedern; weitere sehr große europäische lutherische Kirchen finden sich in Skandinavien: Schweden (7,2 Millionen), Finnland (4,6 Millionen), Dänemark (4,5 Millionen) und Norwegen (3,9 Millionen). In Afrika leben derzeit gut 14 Millionen lutherische Christen. Die größten Kirchen sind die Äthiopische Evangelische Kirche Mekane Yesus (4,1 Millionen) sowie die Madegassische Lutherische Kirche und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Tansania mit je 3 Millionen Gemeindegliedern. Die größte lutherische Kirche Nordamerikas ist die Ev.-Luth. Kirche Amerikas mit knapp 5 Millionen Gliedern; die größte lutherische Kirche Lateinamerikas ist die Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (700.000 Kirchenglieder). In Asien leben derzeit 7,4 Millionen lutherische Christen/-innen. Dort ist die mitgliederstärkste Kirche die Protestantisch-Christliche Batak-Kirche in Indonesien (3 Millionen).

Prof. Dr. Klaus Grünwaldt

Zur Bedeutung der Lutherrose

„Ein Merkzeichen meiner Theologie"

Ein Markenzeichen in mehrfacher Hinsicht: Zu Lebzeiten Martin Luthers war die Lutherrose sein Siegel, mit dem er seine Schriften kennzeichnete. Später wurde sie zum Symbol der lutherischen Kirchen. Der Reformator hat die Bedeutung der Farben und Formen selbst erklärt.

Lutherrose

In einem Brief vom 8. Juli 1530 an Lazarus Spengler schreibt Luther:

„Ein Merkzeichen meiner Theologie. Das erste sollte ein Kreuz sein, schwarz im Herzen, das seine natürliche Farbe hätte, damit ich mir selbst Erinnerung gäbe, dass der Glaube an den Gekreuzigten mich selig macht. Denn so man von Herzen glaubt, wird man gerecht. Solch Herz aber soll mitten in einer weißen Rose stehen, anzeigen, dass der Glaube Freude, Trost und Friede gibt. Darum soll die Rose weiß und nicht rot sein; denn weiße Farbe ist der Geister und aller Engel Farbe. Solche Rose steht im himmelfarbenen Feld, dass solche Freude im Geist und Glauben ein Anfang ist der himmlischen Freude zukünftig. Und um solch Feld einen goldenen Ring, dass solche Seligkeit im Himmel ewig währet und kein Ende hat und auch köstlich ist über alle Freude und Güter, wie das Gold das edelste, köstlichste Erz ist.“

Quelle: WA, Luthers Briefwechsel, 5. Band, S. 444f (Nr. 1628)

Luther nutzt dieses Wappen, um Schriften und Schreiben als von ihm verfasst kenntlich zu machen. Später wird die ursprüngliche Lutherrose mit dem Zusatz „VIVIT" versehen als Hinweis auf den auferstandenen Christus („er lebt“). Die Lutherrose wird heute als Symbol von lutherischen Kirchen verwandt und findet sich auch im Wappen einiger Orte.